Hermann Leopoldi wird am 15. August 1888 als Hermann Kohn in dem Wiener Vorort Gaudenzdorf in der Schönbrunner Straße 69 geboren (heute Wien 12, Meidling, Schönbrunner Straße 219).
1904 Erstes Engagement als Pianist, Tournée durch Niederösterreich
1911 Heirat mit Eugenie Kraus (1894 – 1982)
1912 Geburt des Sohnes Norbert (1912 – 1992)
1915 Geburt der Tochter Gertrude (1915 – 1992)
1916 Erster großer Auftritt im Ronacher
1921 Der Wiener Magistrat genehmigt die Änderung des Familiennamens Kohn in den vom Vater übernommenen Künstlernamen Leopoldi. Der Bescheid erstreckt sich auf die beiden Brüder, deren Frauen und Kinder.
1922 Zusammen mit dem Conferencier Fritz Wiesenthal eröffnen die Brüder Leopoldi in den sogenannten „Olympia-Sälen“ in der Rothgasse 5 das Kabarett „L.W.“.
1925 Das erfolgreichste Kabarett Wiens muss wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten schließen. Leopoldi geht nach Berlin.
1929 Erstes Engagement mit Betja Milskaja
1937 Silbernes Verdienstzeichen
1938 Am 26. April wird Hermann Leopoldi aus seiner Wohnung in der Marxergasse abgeholt. Abtransport in das Konzentrationslager Dachau und im September Überstellung in das KZ Buchenwald. In dieser Zeit schuf er zusammen mit Dr. Löhner-Beda den Buchenwaldmarsch.
1939 Im Jänner gelingt es Leopoldis Familie ihn freizukaufen. Sie schicken das sogenannte „Affidavit“ – Überfahrt in die USA.
Zusammentreffen mit der Austro-Amerikanerin Helly Möslein (1914 – 1998)
1944 Bruder Ferdinand stirbt in Wien (1886 – 1944)
1947 Rückkehr nach Österreich mit Helly Möslein
1951 Leopoldi wird wieder Österreicher
1955 Geburt von Sohn Ronald
1958 Auszeichnung mit dem „Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich“
1959 Am 28. Juni stirbt Hermann Leopoldi an den Folgen eines Herzinfarkts in Wien
Hermann Leopoldi war ein Meister des Taktes. Sein Taktgefühl, aber auch sein G’spühr, bei der Wahl von gesellschaftlichen Themen und deren musikalischer Bearbeitung, machten ihn in der Zwischenkriegszeit zum bedeutendsten Wiener Volkssänger.
Bereits als16-jähriger begleitete er einen bekannten Volkssänger auf seiner Tournée durch Niederösterreich. Es folgten weitere Tournéen tief in die Kronländer der Donaumonarchie – Mähren, Schlesien und Prag.
Sein erstes Fix-Engagement führte ihn nach Agram, wo er als Varietekapellmeister beschäftigt war. Für seine künstlerische Entwicklung wichtig waren jedoch die, an das offizielle Programm anschließenden, langen Nächte, in denen er Publikumswünsche erfüllte, so machte sich mit den Rhythmen, Melodien und emotionalen Phrasierungen eines kulturell weitläufigen Raumes vertraut.
Noch während seiner Tätigkeit in Agram lernte er seine erste Frau Jenny Kraus kennen und heiratete im November 1911. Ein Jahr später kam Sohn Norbert auf die Welt und vier Jahre später folgte Tochter Gertrude.
Nach Agram kehrte er in die Donaumetropole zurück und war als Unterhaltungskünstler in der angesagtesten Bar Wiens zu hören.
Dieser Abschnitt seines Lebens spiegelte das charakteristische dieser Zeit wieder. Das beschwingte, unbeschwerte, fast ein bisserl leichtsinnige Leben dieses unvergleichlichen
Schmelztiegls an Völkern und Sprachen, fand in der Savoy-Bar sein Spiegelbild.
Diese unvergleichliche Metropole hat Hermann Leopoldi sowohl sozial als auch künstlerisch stark geformt. Als Soldat bei den Deutschmeistern erlebte er den Untergang dieses unbeschwerten Wiens im 1. Weltkrieg, den er in Liedern wie „Wien, sterbende Märchenstadt“ besingt.
In der Zwischenkriegszeit 1922 wurde das legendäre Kabarett Leopoldi-Wiesenthal gegründet. Gefeierte Künstler, als auch solche, die es noch zu entdecken galt, traten hier auf. Dr. Fritz Löhner-Beda, einer der bedeutendsten Textdichter lieferte einen Teil der Programme.
1925 musste das L & W wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten, als eines der beliebtesten Etablissements geschlossen werden. Die Brüder Ferdinand und Hermann Leopoldi sowie Fritz Wiesenthal setzten ihre Karrieren für einige Jahre in Berlin fort. Anschließend wieder höchst erfolgreich in Wien und auch im ganzen deutschsprachigen Mitteleuropa.
In den 1930-iger Jahren änderte sich das politische Klima radikal. Hermann Leopoldi und viele seiner jüdischen Künstlerkollegen setzten sich für die Unabhängigkeit Österreichs gegenüber Hitlers Drittem Reich ein. „Klein, aber mein“ oder „Erst kommt Österreich und dann kommt lang nix“ sind dafür bezeichnend.
Am 24. Mai 1938 wurde Hermann Leopoldi aus seiner Wohnung abgeholt nach Dachau gebracht, von wo aus er einige Wochen später nach Buchenwald überstellt wurde. In dieser Zeit schuf Hermann Leopoldi zusammen mit Dr. Beda den Buchenwaldmarsch. Obwohl er kaum über die Torturen dieser Zeit sprach, so nannte er die Quälereien und Schikanen, die von den Häftlingen ertragen werden mussten, ob ihrer Unmenschlichkeit nahezu unbeschreiblich.
Fritz Löhner-Beda, Fritz Grünbaum, Paul Morgan, Theodor Waldau, sowie viele andere seiner Mitarbeiter, Freunde und Verwandte wurden zu Tode gepeinigt. Auch Hermann Leopoldis Bruder Ferdinand, der sich in Wien im Untergrund aufhielt, überlebte die NS-Zeit nicht.
Mit Hilfe Hermann Leopoldis erster Frau, die ein Affidavit erwirkte, konnte er das Reich verlassen und nach Amerika emigrieren. Das „Alt Wien“, ein Lokal in Manhatten, sollte seine neue Bühne sein. Die größten Künstler der Alten und der Neuen Welt trafen sich hier. Unter ihnen befanden sich Größen wie Ingrid Bergmann, Sophie Tucker und Fritz Kreisler, mit dem gemeinsam musiziert wurde.
Dank seiner künstlerischen Fähigkeiten gelang es Hermann Leopoldi wieder Fuß zu fassen. Auch die schicksalshafte Begegnung mit der Austro-Amerikanerin Helly Möslein, erwies sich als wahrer Glücksfall für beide, sowohl beruflich als auch privat. Während der große Leopoldi die junge Sängerin unter seine künstlerischen Fittiche nahm, half sie ihm die täglichen Herausforderungen und Probleme des Exils leichter zu bewältigen.
Diese Sprach- und Geldprobleme, Wohnungssorgen, die Sorge um die in Hitlers Reich Zurückgebliebenen und – Heimweh und Sehnsucht nach dem alten Wien bildeten den Hauptstoff vieler neuer Lieder, die nun in Zusammenarbeit mit neuen Textdichtern entstanden – darunter u.a. Robert Gilbert.
Es folgten Tourneen durch Amerika – Auftritte in der Carnegie Hall, Chicago Orchestra Hall, in Cleveland, Pittsburgh, Philadelphia und in den Catskills.
Obwohl Hermann Leopoldi und ebenso Helly Möslein in den Vereinigten Staaten eine neue, zweite Heimat gefunden hatten, so hatte sie ihre Sehnsucht nach Wien, den Ort wo sie ihre Kindheit und die schönsten Tage ihrer Jugend verbracht hatten, niemals losgelassen. Die Schreiben von Unterrichtsminister Hurdes sowie Stadtrat Matekja waren ausschlaggebend für ihre Rückkehr.
Am 10. September 1947 war ihr erster großer Auftritt im Wiener Konzerthaus.
Hermann Leopoldi schloss gemeinsam mit seiner neuen Lebens- und Bühnenpartnerin Helly Möslein wieder an seine Karriere von damals an.
So als wäre nie etwas gewesen, nahm Hermann Leopoldi sein altes Repertoire wieder auf und es gelangen ihm berühmte neue Schlager wie „Der Krankenkassenpatient“, „In der Barnabitengassen“, „Powiedltatschkerl“, „Der Chinesenschurl“, „Schnucki, ach Schnucki“ und viele, viele mehr, mit welchen die beiden durch ganz Österreich und Teilen Europas tourten.
Im Dezember 1955 wurde er nochmals Vater.
Hermann Leopoldi bekannte sich stets zu „seinem Österreich“. Sein tiefes Bekenntnis zu Österreich spiegelte sich in unzähligen seiner Lieder wieder. Es gelang ihm, nicht nur in guten, sondern auch in den schlechten Zeiten sein Publikum zu begeistern und ihm Mut und Hoffnung mit seiner Musik zu geben.
Kurz nach seinem 70. Geburtstag wurde er mit dem „Goldenen Verdienstzeichen der Republik Österreich“ ausgezeichnet, bevor er am 28. Juni 1959 an den Folgen eines Herzinfarkt in seiner geliebten Heimatstadt Wien verstarb.